Nach drei Nächten bei meiner Schwester wurde ich unruhig und setzte bei Sonnenschein meine Reise Richtung Weser fort. Die ersten 30 km hatte ich Begleitschutz von meiner Gastgeberin. Der Frühling war endlich da und die Natur zeigte sich von ihrer besten Seite. Die Bäume leuchteten grün und die Kälte war vergessen.

An der Weser angekommen, erlebte ich eine kleine Überraschung: Ich musste mit einer Seilfähre auf die andere Seite übersetzen. Der Fährmann erklärte mir, dass der Radweg vor zwei Wochen noch unter Wasser stand. Es hatte so viel geregnet, dass die Edertalsperre fast überlief und abgelassen werden musste. Da hatte ich ja Glück, dass ich nicht früher losgefahren war. Die Weser sollte ich noch öfter mit einer Fähre überqueren, was mir jedes Mal Spaß machte.

Bald darauf erreichte ich Höxter, wo gerade die Landesgartenschau stattfand. Diese war erst seit einer Woche geöffnet und überall fanden noch Bauarbeiten statt. So sparte ich mir den Besuch und wollte mir stattdessen das Kloster Corvey anschauen, das zum Weltkulturerbe gehört. Leider war auch das nicht möglich, denn das Schloss war Teil der Gartenschau. So konnte ich es nur von weitem bewundern.

Von Höxter folgte ich dem Verlauf der Weser bis nach Bodenwerder, der Heimat vom Baron von Münchhausen. Er war ein berühmter Lügenbaron, der viele abenteuerliche Geschichten erfand, wie zum Beispiel, dass er auf einer Kanonenkugel flog oder sich selbst am Schopf aus dem Sumpf.

Am nächsten Tag radelte ich bei gewittrigem Wetter weiter nach Hameln mit seinem Rattenfänger. Er ist eine legendäre Figur aus einer mittelalterlichen Sage, der mit einer Flöte die Ratten aus der Stadt lockte und später auch die Kinder entführte. Die Altstadt von Hameln ist bekannt für ihre Fachwerkhäuser, die zum Teil aus dem 16. Jahrhundert stammen.

Die Landschaft wurde nun immer flacher, bis ich die Kirche von Rinteln sah. Rinteln ist eine historische Stadt mit einem gut erhaltenen Stadtkern. Als ich dort ankam, war gerade Volksfest, und es gab viele Fahrgeschäfte und Buden mitten in der Altstadt zu sehen.

Weiter an der Weser entlang erreichte ich die Porta Westfalica, einen Bergriegel, durch den die Weser einen Durchschlupf geschnitten hat. Dort steht auch das Kaiser-Wilhelm-Denkmal, das an den ersten deutschen Kaiser erinnert.

In der Nähe bei Minden kreuzt der Mittellandkanal die Weser, ein einmaliges Wasserkreuz. Der Kanal überquert die Weser auf einer Wasserbrücke. Die Schiffe, die auf der Weser weiterfahren wollen, müssen mit einer großen Schleusenanlage 13 Meter Höhenunterschied überwinden. Das ist ein beeindruckendes Bauwerk, welches man sehen muß .

Bei meiner Ankunft startete gerade eine 2 stündige Schleusentour mit dem Schiff, die  ich mitmachte. Bei dieser Tour wurden wir mehrfach geschleust, überquerten die Weser über die Brücke und unterquerten später den Kanal auf dem Fluß.

10 km später ließ ich die Weser links liegen und fuhr in Richtung Steinhuder Meer, dem größten Binnengewässer Niedersachsens. Leider war der See nicht sehr gut zugänglich, da viele Privatgrundstücke an seinem Ufer lagen. Nur an ein paar Stellen konnte ich den Blick auf das Wasser genießen. Ich radelte halb um den See und fand eine schönes Seewiese, wo viele Kitesurfer bei starkem Wind ihre Kunststücke zeigten. 

Der Wind war auch mein Freund, denn er half mir, schnell die 20 Kilometer bis nach Nienburg zum Bahnhof zu schaffen. Dort verfrachtete ich mein Fahrrad in den Zug und stieg 160 km später in Bad Zwischenahn aus. Ich hatte keine Lust, die lange Strecke durch die flache Heide Richtung Westen mit einer großen Wahrscheinlichkeit von Gegenwind zu radeln.